Mittwoch, 30. Januar 2013

Schwarzer Engel

In der Engelsstadt angekommen
Blutroter Abendhimmel
Wolkentürme, wie Säulen eines Tempeldachs

Stadtrundfahrt, in einem schwarzen Reisebus
Mehrfacher Halt, immer mit der gleichen Fragestellung
Ich kann sie nicht beantworten

Endstation, der Busfahrer, der Reiseführer und die Stewardess
Schauen mich wortlos an, mit weißen Wolkenaugen, ohne Pupillen
Ich steige aus und der Bus verwandelt sich in einen dreckigen Linienbus

Auf dem leeren Parkplatz im Nirgendwo warten sie auf mich in einem kleinen Auto
Meine beste Jugendfreundin sieht umwerfend gut aus, und sitzt am Steuer
Mein bester Freund rechts neben ihr, er wird sie bis in alle Ewigkeit lieben

Auf der Rückbank, rechts, küssen sich zwei junge Frauen, rothaarig und brünett
Ich verstaue meine kleine Reisetasche und meine Business-Tasche im Kofferraum
Und steige rechts hinten ein, die beiden Mädels sind ausgestiegen und verabschieden sich

Wir fahren los und ich weiß nicht wohin, ist mir auch egal
Weil ich mich bei meinen besten Freunden zu Hause fühle
Und trotzdem verstehe ich nicht, was passiert

Mit mir ist eine langbeinige Blondine in Blue Jeans eingestiegen
Ich sitze rechts hinten und sie links hinten im Auto
Sie rutscht auf mich zu und unsere Beine berühren sich

Ich komme ihr entgegen und sie umarmt mich und hält mich ganz fest
Sie löst ein Versprechen ein und streichelt mir den Rücken
Zärtlich und mit Zauberhänden bis zur Poritze hinab

Ich entspanne mich
Und falle ins schwarze Nichts
Und spüre ihre Tränen auf meinem leblosen Körper


© Andi_206



Sonntag, 27. Januar 2013

Herzhöhle

Im Dämmerlicht kurz vor der Dunkelheit
Im seltsamen Dunkelblau
Die Berghütte verlassen

Im vollen Lauf die Sumpfwiese hinab
Bis ins Dickicht
Herzschlag dröhnt

Im Rücken die scharfen Zacken
Des weiß vereisten Berggrates
Frisch gewetzt an der untergegangenen Sonne

Keine Zeit zu verlieren
Spüre wie sie aufsteigen
Wie Nebel, der plötzlich über den Abhängen steht

Kämpfe mich durch das Geäst bergauf
Neben mir donnert der Wasserfall
Schneeschmelze aus dem Gletscher hinaus

Geröll, wie es sich lockert
Mich mitreißen wird, mich erschlagen wird
Todesstrafe Steinigung

Kurz über mir, neben dem strömenden
Meinen Geist mitreißenden Eiswasser
Ein Eingang zu einer dunklen, breiten, aber niedrigen Höhle

Wie das Fischmaul eines Seemonsters
Augenlos, blind, geduldig wartend
Auf sein Fressen, dass sich ihm in den Rachen wirft

Ein letzter verzweifelter Sprung
Der die Steine, ins Rollen bringt und den Hang mitreißt
Bäume, Sträucher, Steine, Erde, Grund

Schwerelos für einen kurzen Moment
Wie ein Uhu über, durch die Nachtwelt gleitend
Dem ohrenbetäubenden, monströsen Vernichtungsdonner entkommend

Mich mit letzter Kraft in den Eingang der Höhle ziehend
Nasser Fels, mit Flechten und Moos überwuchert
Pilsförmige flache Steintische erhellt durch weiße Kristalllichter

Sie führen in die Höhle tiefer hinein
Wie als wären sie früher der einzige Halt gewesen
Gesetzt zu der Durchquerung eines stark strömenden Flusses

Immer tiefe folge ich den magischen Lichtern in die Höhle
Bis sie sich zu einer Kuppel öffnet, in deren Mitte ein Stern strahlt
Und unter ihm, ist ein Tisch gedeckt, für zwei

Mit weißen Kerzen und weißen, rosa und roten Rosen
Die in einem handgetöpferten Krug
Mit ungarischen Blumenmuster stehen

Bleikristallene Gläser und in einer Karaffe blutroter Wein
Auf den weißen Karamikteller vor mir steht
In alter, verschlungener Schrift

Einst waren unsere Seelen eins
Dann Zwillingsseelen, doch heute Nacht
Dass du endlich lieben kannst, schenke ich Dir mein Herz


@ Andi_206


Donnerstag, 24. Januar 2013

Augenblickliche Anziehungskraft

Tanz der Pupillen
Auf mich fixiert
Schau ich sie an
Schwenken ihre Pupillen von links nach rechts
In der Geschwindigkeit eines Wimpernaufschlags

Schau ich weg
Kuckt sie mich wieder an
Ich beobachte sie durch die spiegelnden Scheiben
Wie sie mich studiert
Nicht von mir lassen kann

Nur weil ich sie lieb angelächelt habe
Als der Bus in eine Kurve fuhr und sie sich
Quasi gegen die Fliehkraft stemmte
Damit ihr Fahrrad nicht umfiel und sie sich
In einen Augenblick entschied und ich mich auch


© Andi_206



Mittwoch, 23. Januar 2013

Seelenfrieden

Wenn die Gründe ausgegraben sind
Wie die Wurzeln eines mächtigen Baums
Und all die Erde abgefallen ist
Der Boden, der Grund nicht mehr vorhanden scheint
Alles frei schwebt
Sollte ich mir eingestehen
Mir genehmigen
Mich Ausnahmsweise selbst zu retten

Was war das für ein Gemetzel
In diesem Film ging es um Freiheit und Ehre
Doch darum geht es mir nicht
Auch nicht um Gerechtigkeit
Um überhaupt nichts abstrakt, künstlich fabriziertes
Es geht darum die Pferde zu satteln
Und weiterzuziehen
In allem Seelenfrieden zu leben


© Andi_206



Sonntag, 20. Januar 2013

Seelenturbine

Allein das Gefühl
Das Schwingen meiner Seele
Wie eine glühende Turbine
Wüstengelb aus Glas
Mit Treppen und Etagen
Labyrinth aus Marmor, Glas und Stahl
Hand in Hand, so warme Hände
Innerlich heiß
Jagen und gejagt werden
Wie die Erddrehung unerklärlich anziehend
Warum nicht wegschleudernd
Wie eine Zentrifuge unbarmherzig
Aus dem Raum fliegend, schwebend
Im Zeitraffer scheinbar in Zeitlupe
Unglaubliches erkennen und glücklich sein

Unerklärliches Seelenmuster
Pfauenaugen, Urwaldschreie, Geparden
Die Welt in Grautönen, dann in infrarot
Wir im Fadenkreuz, beobachtet
Gesucht und untersucht
Irgendwie entkommen und sie befreit
Mitgerissen wie von einem reißenden Strom
Vor dem Wasserfall, dem Sog der an den Herzen zerrt
Dem Tosen, dem freien Fall in die Herzwalze
Unter Wasser gedrückt, sie an meinen Körper gedrückt
Geküsst und verschlungen an einem Ufer
Auf nassen, graubraunen Sand in einer Felsenschlucht
In die Höhle geflüchtet, mit warmem Fellen und Decken
In dieser Zelle verstecken wir uns vor ihren sezierenden Blicken


© Andi_206



Freitag, 18. Januar 2013

Glühend blaue Augen

Aus der Tiefe
Dieses Strahlen
Glühendes Blau
Wie Lichtkränze
Die um mich tanzen
Freundlich und glücklich

Geistige Tiefenberührung
Eintauchen in blaues Grottenlicht
Erleuchtet von gleißenden Lichtfackeln
Brennenden Magnesium
Taghell in einer Zelle unter Tage
Verborgen vor dem scharzen Nichts

Aus dem Nichts entstanden
Eine blaue Eisgrotte mit unglaublich großen Eiszapfen
Im Hintergrund durch das Gletschereis
Scheint die starke Sonne
Auf Tierfellen kuschelig weich und warm
Eingemummelt in graue Decken schläft und träumt sie

© Andi_206


Montag, 14. Januar 2013

Tagtraum

In ihr so viele Verzierungen
Verspieltheiten, Details in denen ich mich verlieren könnte

In ihren pupillen unglaublich schöne fraktale Kreislandschaften
Die mich fokussieren, mein Staunen wahrnehmen

Mir fehlen die Worte, dies zu überspielen
Jedes Detail in ihrem wunderschönen Gesicht taste ich mit meinen Blicken ab

Zu einer normalen Gesprächsführung bin ich nicht mehr fähig
Ich hüpfe wie die Nadel eines Plattenspielers auf einer gewellten Platte

Mir ist es nach Walzertanzen in lichtdurchfluteten Ballsälen
Romantischen Schlittenausfahrten im winterlichen Idyll

Trillierenden Flötentönen und Jubelrufen
Wie sie mich so sieht, kann sie nur vergnügt auflachen

Sie strahlt mich an und schmunzelt
Ich kann nicht anderst und flüstere ihr zu, wie sehr ich ihre Gesellschaft mag

Da muss sie erst recht lachen, schimpft mich einen Charmeur
Umarmt mich, drückt ihre warme Wange an meine und tanzt

Wie eine Prima Ballerina in grazilen, elganten Luftsprüngen
Rückwärts aus dem Traumraum, ohne mich aus den Augen zu verlieren

Schließt ihre langen Wimpern
Und der Vorhang fällt

© Andi_206


Freitag, 11. Januar 2013

Machtposition

Ihre neue Machtposition macht sie übermütig
Breitbeinig mit ihren nylonbestrümpftem Beinen
Im kurzen Röckchen sitzt sie vor mir
Und genießt meinen Kampf, ihr konsequent in die Augen schauen zu wollen

Sonst haben sie meine Blicke gestört
Und sie hat mich mit ihren abweisenden Blicken bestraft
Ihre Sitzposition verändert und mich ignoriert, bis ich gegangen bin
Doch nun genießt sie es, von mir angegiert zu werden

Sie hört nicht auf, mich keck anzustrahlen
Und jeden meiner Sätze verknüpft sie geschickt mit neuen Aspekten
Nur das ich mich nicht verabschieden kann
Ich fühle mich wie ein Stier - in ihrer Arena, in ihrem Käfig gefangen

Sie bestimmt wie es weitergeht, wie sie mit mir spielt
Immer an der Grenze, dass ich über mich die Kontrolle verliere
Wie ich an ihren Lippen hänge, jede ihre Bewegungen wie magisch verfolge
Sie ihre Reize ausspielt, mich einspinnt und mich komplett nach ihr verrückt macht


© Andi_206


Donnerstag, 3. Januar 2013

Weiße Wellenlinien

Vor einer weißen Kathedrale
Auf einem felsigen Hügel gelegen
Steintreppen führen zu ihr hinauf

Die Sonne spiegelt sich
Auf dem metallischen Turmdach
Kein Glockengeläut unterbricht die Stille

Nicht weit entfernt
Das blaue Meer
Fast ohne weiße Wellenlinien

Gesichter von alten Leuten
Mit langen weißen Haaren
Ungeflochten, manchmal zu einem Pferdeschwanz gebunden

Einer stellt sich mir in den Weg
Starrt mich an, ohne Worte
Als wüsste ich Bescheid, was ich tun sollte


© Andi_206